Gattung | Gemälde |
Material | Öl auf Leinwand |
Maße | 88 x 73 cm |
Signatur | signiert und datiert unten links: Felix Nussbaum 1931 |
Forschungsstand
Die Provenienz ist geklärt. Das Werk gilt nicht als NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut.
Eines von wenigen
„Ein feines heiteres Malertalent gibt sich hier kund, ein wenig spielerisch und skurril bisweilen und ins kindlich Groteske gehend (besonders in seinen humorvollen Bildern vom Sportleben und den Alltäglichkeiten der Straße). Dabei von einer ungekünstelten Einfachheit und sympathischer Gradheit.“
Will Pless: Felix Nussbaum, in: Menorah. Jüdisches Familienblatt für Wissenschaft/Kunst und Literatur, 8. Jg, Nr. 5/6, Mai 1930, S. 279
„Leierkastenmann“ zählt zu den wenigen erhalten gebliebenen Werken aus der Berliner Zeit des Malers. Es wird vermutet, dass es unter dem Titel „Melancholie“ eines von fünf Gemälden war, mit denen sich Nussbaum im Frühjahr 1932 erfolgreich um einen Studienaufenthalt in der Villa Massimo in Rom bewarb.
Im Oktober 1932 bricht Felix Nussbaum nach Italien auf und lässt die Mehrzahl seiner Werke in Berlin zurück. Ein möglicherweise durch Brandstiftung entstandenes Feuer vernichtet nach seiner Abreise die meisten von ihnen. „Leierkastenmann“ und sein wichtiges Gemälde „Der tolle Platz“ bleiben erhalten.
Aufgrund seiner jüdischen Herkunft kehrt Nussbaum nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten nicht mehr nach Deutschland zurück. Er wird aus der Villa Massimo verwiesen, geht nach Ostende und lebt ab 1937 in Brüssel. Dorthin senden ihm seine Eltern im Vorfeld ihrer eigenen Emigration seine noch in Deutschland verbliebenen Werke. Spätestens mit diesem Transport kehrt „Leierkastenmann“ zu Nussbaum zurück.
Mit dem Einmarsch deutscher Truppen in Belgien 1940 wird Nussbaum zunächst als feindlicher Ausländer gefangen genommen. Er kann fliehen, kehrt nach Brüssel zurück und lebt seitdem in Verstecken. Im Juni 1942 übergibt er „Leierkastenmann“ und eine Anzahl weiterer Werke an seinen Arzt Joseph Grosfils, Avenue Brugman 255, im Stadtteil Uccle. Belgische Freund*innen beschaffen ihm noch einmal ein verborgenes Atelier, wo seine letzten, von Verfolgung und der Erwartung seiner Entdeckung geprägten Bilder entstehen. Im Juni 1944 wird er auf Grund einer gezielten Denunziation verhaftet, in das Vernichtungslager Auschwitz verschleppt und dort ermordet.
Familienangehörige, die den Holocaust überlebten, erfuhren erst 1959 von den bei Joseph Grosfils eingelagerten Werken. Nach einem langwierigen Einigungsprozess über das Eigentum erhielt die Erbengemeinschaft die Gemälde 1969 zurück, darunter auch „Leierkastenmann“. 1972 wurde das Werk als Leihgabe von Auguste Moses, einer Cousine des Künstlers, in einer Ausstellung des Kunstamtes Berlin-Neukölln gezeigt und daraufhin für die Berlinische Galerie erworben.