Das monumentale Werk entstand 1978 in der legendären Konzerthalle SO36 (Berlin-Kreuzberg) zum Auftakt einer Reihe von Ausstellungen, die nur für einen Abend zu sehen waren. Die kurze Laufzeit steigerte die Intensität der Präsentationen, die sich mit den Rock- und Punk-Konzerten im SO36 messen lassen sollten. 1/10 Sekunde vor der Warschauer Brücke war nur am 25. Oktober 1978 von 21 Uhr bis 5 Uhr morgens zu sehen. Mit der Ausstellung in der Berlinischen Galerie wird das Kunstwerk nun erstmals seit 2003 wieder in Berlin gezeigt.
Bernd Zimmer nimmt innerhalb der Generation der sogenannten „Neuen Wilden“ als Landschaftsmaler eine Sonderstellung ein. Nach einer Lehre als Verlagsbuchhändler und einem Studium der Philosophie und der Religionswissenschaften entdeckte er 1975 während einer Mexiko-Reise die Malerei der Muralisten Diego Riviera und Jose Clemente Orozco. Ihre meterlangen Wandbilder waren auch politisch eine Alternative zu dem im Ostblock gepflegten Realismus und der Abstraktion, auf die der Westen eingeschworen war.
Bernd Zimmers 1/10 Sekunde vor der Warschauer Brücke verbindet die verschiedenen Elemente in einzigartiger Weise: Mit dem langgestreckten Format, das nur mit bewegtem Blick sukzessive zu erfassen ist, nahm Zimmer Anregungen sowohl der mexikanischen Muralisten als auch der Abstrakten Expressionisten auf und schuf so eine grandiose Großstadtlandschaft.