„The Stroker“ (2018, 15 Min.) basiert auf Takalas Intervention in einem hippen Londoner Coworking-Space, den hauptsächlich Start-Ups nutzen. Takala gibt sich als „Wellness Consultant“ aus, verhält sich gegenüber den dort Arbeitenden auffallend freundlich und berüht sie ungefragt immer wieder leicht an der Schulter. Die Reaktionen reichen von Wohlwollen über Befremden bis zur offenen Ablehnung, wobei eine entsprechende Körpersprache und der Austausch zwischen den Arbeitenden die direkte verbale Konfrontation ersetzen. In der gläsernen Architektur der vermeintlich so lockeren neuen Arbeitswelt werden wir Zeug*innen der Verhandlung persönlicher Grenzen.
Im Zentrum von Pilvi Takalas künstlerischer Praxis stehen von ihr inszenierte performative Interventionen. Sie untersucht die sozialen Normen des Zusammenlebens verschiedener gesellschaftlicher Gruppen, indem sie diese subtilen Störungen aussetzt. Im Videoraum und online auf der Website der Berlinischen Galerie sind drei Arbeiten zu sehen, die sich mit den Zuständen und Bedingungen der heutigen Arbeitswelt befassen.
„SLUSH“ ist ein dreitätiges Event mit Partycharakter, das Gründer*innen und Investor*innen zusammenbringen soll. In „If Your Heart Wants it (Remix)“ (2020, 15 Min.) dokumentieren Takala und ihr Team das Geschehen und initiieren Gespräche mit Teilnehmenden. Takala hinterfragt sowohl die stets zur Schau getragene Positivät als auch die neoliberale Haltung, wonach Erfolg und Misserfolg nur vom persönlichen Einsatz abhängen.
„Workers‘ Forum“ (2015, 6 Min.) ist ein animierter Chat, dessen Idee sich aus Takalas Erfahrung als Micro-Taskerin in den USA entwickelte. Sie arbeitete für einen Dienst, bei dem die Nutzer*innen dafür bezahlen, dass ihnen angebliche Freund*innen eine SMS schicken. Das Video basiert auf Forums-Unterhaltungen zwischen den Micro-Tasker*innen, die als billigste Arbeitskräfte eingesetzt werden. Sie agieren erstaunlich empathisch – und das, obwohl sie in einem System arbeiten, das darauf ausgelegt ist, menschliche Beziehungen zu minimieren.
Biografie
Pilvi Takala wurde 1981 in Helsinki, Finnland, geboren. Ihre Arbeiten wurden u.a. im MoMA PS1, New Museum, Palais de Tokyo, Kunsthalle Basel und Manifesta 11 gezeigt. Bei der diesjährigen Venedig-Biennale vertritt sie Finnland.
IBB-Videoraum
Im IBB-Videoraum werden seit 2011 im monatlichen Wechsel Künstler*innen präsentiert, die mit zeitbasierten Medien arbeiten. Das Programm umfasst nicht nur etablierte Namen der zeitgenössischen Videokunst, sondern auch junge Positionen, die bisher kaum in Museen zu sehen waren. Ihnen soll in der Berlinischen Galerie ein erster institutioneller Auftritt ermöglicht werden. Jeder Monat erlaubt eine neue Auseinandersetzung mit Werken, die mediale oder auch politische und soziale Fragestellungen anstoßen. Besonderes Augenmerk liegt dabei darauf, marginalisierten Perspektiven Raum zu geben und Auswirkungen von Machtstrukturen sichtbar zu machen.