Die Berlinische Galerie zeigt jetzt erstmals in einer umfangreichen Einzelausstellung sein neuestes Projekt „Jenny Jenny“ (2011-2013), das auch zwei fotografische Animationsfilme umfasst. Daneben wird die Serie „Trona“ (2008) zu sehen sein, die das Landesmuseum für Moderne Kunst für seine Fotografische Sammlung erwerben konnte.
Seit mehr als zehn Jahren portraitiert Tobias Zielony junge Menschen, denen er an urbanen und sozialen Peripherien westlicher Wohlfahrtsstaaten begegnet. Dort wo Errungenschaften der Moderne brüchig und Versprechen auf ein solidarisches Gemeinwesen entzaubert sind, entstehen seine Motive: Jugendliche im nächtlichen Los Angeles, die ihren Ort in den Zwischenräumen der Stadt suchen (The Cast, 2007), Nachfahren kanadischer Ureinwohner in den Reservaten Manitobas, deren kulturelle Traditionen ebenso zerstört wurden wie ihre Zukunftsaussichten (2009), Camorra-Familien, deren Kinder im einstigen Avantgarde-Wohnkomplex, dem Neapolitanischen „Vele“, posieren (2010). Sie alle scheinen sich vor Zielonys Kamera ins geeignete Licht rücken zu wollen für die Konstruktion eines souveränen, stolzen Bildes ihrer selbst, obgleich sie um die Anfechtbarkeit der Bilder wissen.
Die 18-teilige Serie „Trona“ (2008) zeigt Jugendliche aus der gleichnamigen Wüstenstadt unweit von Los Angeles. Als die ehemalige Industriestadt im Zuge wirtschaftlicher Veränderungen verfiel, begannen viele ihrer Bewohner sich mit der Droge Crystal Meth zu betäuben. Trona steht für viele Städte des verarmten ländlichen Amerikas. Zielony fragt, was passiert, wenn soziale und institutionelle Strukturen zerfallen und die Menschen sich selbst überlassen werden.
Sein jüngstes Projekt heißt „Jenny Jenny“. Es geht um junge Frauen, von denen einige ihr Geld mit Sexarbeit verdienen. Doch die Realitäten und Rollen sind fließend. Sowohl für die Frauen selbst, als auch im Hinblick auf gesellschaftliche Zuschreibungen. Die Offenbarung des wahren Kerns einer Person oder eines Moments ist ein Mythos, denn die Frage nach der Authentizität des Subjekts scheint für Zielony ebenso entschieden wie die Frage nach der Objektivität des Dokumentarbildes: Beide sind niemals frei von Inszenierung.