Mit ihren rund 80.000 Werken hat die Berlinische Galerie eine der bedeutendsten Fotografischen Sammlungen Deutschlands. In ihr spiegelt sich der Beitrag Berlins für die Entwicklung der Fotografie von Mitte des 19. Jahrhunderts bis heute wider. Schwerpunkte sind die Porträt- und Stadtfotografie, die neuen Tendenzen fotografischen Arbeitens in der Moderne, die Neuansätze der Autorenfotografie seit den siebziger Jahren, eine der qualitätsvollsten Sammlungen zur Fotografiegeschichte der DDR und herausragende Arbeiten der zeitgenössischen Fotoszene.
Jury und Unterstützer*innen
Das mit jährlich 15.000 Euro dotierte Stipendium wurde durch die freundliche Unterstützung des international bekannten Sammlers und Fotografie-Förderers Manfred Heiting (The Heiting Library Trust) ermöglicht. Namensgeber des Stipendiums war der Berliner Kurator, Verleger, Publizist und Fotografiehistoriker Thomas Friedrich (1948-2011). Seine Leidenschaft für die Fotografie und sein Forscherinstinkt waren Vorbild und Aufforderung, um bisher unerforschte Sammlungsbestände der Berlinischen Galerie wissenschaftlich zu erschließen.
Die Forschungsinhalte und Themen entwickelte eine Fachjury, bestehend aus: Janos Frecot (ehemaliger Leiter der Fotografischen Sammlung der Berlinischen Galerie, Berlin), Ulrich Domröse (Leiter der Fotografischen Sammlung der Berlinischen Galerie, Berlin), Prof. Dr. Wilfried Wiegand (Kunsthistoriker, Journalist und Honorarprofessor für Kunstgeschichte der Moderne an der TU Dresden), seit 2016 zog sich Wilfried Wiegand aus gesundheitlichen Gründen zurück, seinen Platz übernahm Dr. Ingrid Wagner (Koordinatorin für Projekte und Stipendien bei der Senatsverwaltung für Kultur und Europa) und Manfred Heiting als informelles Mitglied.
2019
Robert Petschow (1888 – 1945)
Im Rahmen des Thomas Friedrich-Stipendium 2019 für Fotografieforschung werden in der Dauerausstellung vierzig Aufnahmen von Robert Petschow (1888 – 1945) präsentiert. Es handelt sich dabei um Werke aus dem Bestand der Berlinischen Galerie, ergänzt durch Leihgaben, unter anderem aus dem Museum für Kunst- und Kulturgeschichte der Hansestadt Lübeck. Michael Kempf forschte als vierter Stipendiat zu diesem bis heute weitgehend unbekannten Werk.
In der Fotografieforschung wird Robert Petschow bisher vor allem für seine Luftaufnahmen der 1920er bis 1930er Jahre geschätzt. Er war zudem der bekannteste Ballonfahrer der Weimarer Republik. Petschows oft fremdartig anmutende Luftaufnahmen erschienen zu ihrer Zeit nicht nur in Fachjournalen zur Luftfahrt, sondern fanden auch Aufnahme in Ausstellungen und Publikationen der Fotografie des Neuen Sehens. So wurden sie etwa 1929 in der Werkbundschau „Film und Foto“in Stuttgart gezeigt sowie im gleichen Jahr in Franz Rohs und Jan Tschicholds Buch „foto-auge. 76 fotos der zeit“ publiziert.
2018
Fritz Eschen (1900 – 1964)
Im Januar 2018 begann der Kunsthistoriker Maximilian Westphal sein Stipendium. In diesem Jahr gilt es, die in Vergessenheit geratene bildjournalistische Arbeit von Fritz Eschen zu erforschen. Seit 1928 war dieser als freiberuflicher Bildjournalist tätig. Als Mitarbeiter von Bildagenturen wie Dephot, Neofot-Fatag, Mauritius und Associated Press machte er sich schnell einen Namen. Aufgrund seiner jüdischen Herkunft wurde er 1933 aus dem Reichsverband der Deutschen Presse ausgeschlossen, was praktisch einem Berufsverbot gleichkam. Seine „privilegierten Mischehe“ schützte ihn zwar vor der Deportation, aber nicht vor Zwangsarbeit, die er von 1941 bis 1945 leisten musste. Nach 1945 fotografierte er sofort wieder für alle größeren deutschen Zeitungen. Nun entstanden auch vermehrt Bildbände, vor allem mit Porträts berühmter Zeitgenossen und Berlin-Motiven.
2017
Heinz von Perckhammer (1895 – 1965)
Die Stipendiatin Kathrin Schönegg erforschte 2017 von Perckhammers „Berliner Zeit“(1927 – 1944). Bereits 1918 gründete er in Tianjin/China ein Fotoatelier und dokumentierte teilweise im Auftrag des chinesischen Staates die Kultur und Lebensweise des Landes. 1927 kam er nach Berlin, eröffnete am Kurfürstendamm das Fotoatelier „Photo-Art-Studio“ und publizierte u.a. seine Aufnahmen aus China in dem Buch „Edle Nacktheit in China“. Nach 1933 arbeitete er vor allem als Fotoreporter für Magazine in Deutschland, England und Frankreich. Im 2. Weltkrieg war von Perckhammer Kriegsberichterstatter. 1942 wurde sein Berliner Atelier durch Bomben zerstört. Gegen Ende des Krieges kehrte er in seine Geburtsstadt Meran/Italien zurück und widmete sich dort vor allem der Landschaftsfotografie.
2016
Georgij Petrussow (1903 – 1973)
2016 ermöglichte das Thomas-Friedrich-Stipendium für Fotografieforschung dem Fotografen Arwed Messmer die Erarbeitung eines Folianten (55 cm x 41,5 cm x 1 cm) mit dem Titel „AM_Berlin_Revisited_Petrussow_2016“. Seine Bilder in diesem Künstlerbuch sind auf Straßen und Plätzen entstanden, auf denen der berühmte russische Fotograf Georgij Petrussow 1945 das zerstörte Berlin fotografiert hatte. Mit der außergewöhnlichen Präsentationsform (25 Bilder Messmer reagieren auf 25 Bilder von Petrussow) bezieht sich A. Messmer auf dessen Marquette „Berlin 1945“, die sich im Besitz der Berlinischen Galerie befindet.
2015
Erich Salomon (1886 – 1944)
2015 widmete sich die Stipendiatin Christiane Kuhlmann dem Thema „Der unbekannte Erich Salomon“. Salomon ist einer der wichtigsten Fotografen und Bildjournalisten des 20. Jahrhunderts, dessen Nachlass die Berlinische Galerie besitzt. Forschungsgrundlage waren zum einen Salomons legendärer Lichtbildvortrag von 1931 im Hotel Kaiserhof in Berlin und zum anderen die beiden Ausstellungen in der Royal Photographic Society und in der Ilford Gallery (London 1935 und 1937).
2014
Steffi Brandl (1897 – 1966)
Im Rahmen des ersten Stipendium erforschte Elke Tesch 2014 Leben und Werk der Berliner Porträtfotografin Steffi Brandl. Brandl gehört zu den maßgeblichen Fotografinnen der 1920er- und 30er-Jahre in Berlin. Prominente Künstler und Persönlichkeiten wie Max Liebermann, Renée Sintenis und Adolf Loos ließen sich von ihr in ihrem Berliner Studio fotografieren, bis sie 1938, aufgrund ihrer jüdischen Herkunft, in die USA emigrierte. Bisher waren ihre Bilder nur wenigen bekannt. Das Ziel von Elke Tesch war es, die großen Lücken in Brandls Biografie zu schließen und ihre Arbeitsweise im Kontext anderer Porträtfotografinnen dieser Zeit zu untersuchen.