In Quarantäne:
„Überfahrt
nach Ellis Island“

Erich Salomon (1886 – 1944)

Fotografie von Erich Salomon, Silbergelatinepapier, 16,3 x 24,2 cm
© Urheberrechte am Werk erloschen

Die oberen Zweidrittel dieses Schwarz-Weiß-Fotos zeigen einen wolkenlosen Himmel. Im unteren Drittel stehen abgewandt vier Männer mit Hüten. Der Blick geht zwischen ihnen hindurch auf ein großes Gebäude mit historistischen Türmchen auf Ellis Island.

Über das Wasser des Hudson River blicken die Männer in Richtung der Insel Ellis Island. Sie sind Passagiere einer Fähre. Das Schiff ist jedoch nicht zu sehen. Der Bildausschnitt mit dem tiefen Horizont lenkt unsere Aufmerksamkeit geschickt auf das Hauptgebäude der Insel. Es erscheint genau in der Lücke zwischen den Reisenden, die alle nur von hinten zu sehen sind. Mit den historistischen Türmchen könnte der Bau ein nobles Hotel sein. Tatsächlich war Ellis Island aber eine Art Quarantäne-Station – ein Ort, an dem Einwanderer*innen auf die alles entscheidende Nachricht warteten: Durften sie in den USA bleiben – oder nicht?

Die Aufnahme gehört zu einer Reportage von Erich Salomon (1886–1944), die 1932 in der „Berliner Illustrirten Zeitung“ gedruckt wurde. Ihr Titel: „Die Gefangenen der Weltkrise – Bei den unerwünschten Einwanderern und Deportierten auf Ellis Island im Hafen von New York“.

Bekannt wurde Salomon allerdings mit ganz anderen Themen. In den Jahren der Weimarer Republik galt er als der Fotograf von Politik und Gesellschaft, dem es immer wieder gelang, bekannte Persönlichkeiten in unbeobachteten Momenten festzuhalten. Seine in Amerika entstandenen Fotografien hingegen zeigen den Alltag der Menschen in einer sachlichen Bildsprache, die einen neuen, dokumentarischen Ton in sein Werk bringt.


Überfahrt nach Ellis Island, New York
1932
Silbergelatinepapier
16,3 x 24,2 cm
Erworben durch das Land Berlin aus Mitteln des Bundesministeriums des Innern, Bonn, 1980

Erich Salomon
(1886 Berlin – 1944 Auschwitz)

Der promovierte Jurist Erich Salomon kam eher zufällig zur Fotografie, als er gleichsam über Nacht durch Fotos von einem Mordprozess zum gefragten Bildjournalisten wurde. In der Folge arbeitete er u.a. für Ullsteins „Berliner Illustrirte Zeitung“ und berichtete nicht nur über politische, gesellschaftliche und kulturelle Ereignisse Berlins, sondern bald auch von den Völkerbund-Sessionen in Genf und den internationalen Konferenzen aus Lugano, Paris, Den Haag und London. 1930 hielt er sich für neun Monate in den USA auf; 1931 erschien sein Buch „Berühmte Zeitgenossen in unbewachten Augenblicken“. Nach 1933 blieb Salomon in den Niederlanden. Dort wurde er 1943 von der Gestapo aufgespürt, 1944 in Auschwitz ermordet.

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