Feministische Selbstermächtigung
Im Laufe ihrer Zusammenarbeit mit Ottinger entwickelte sich Blumenschein zu einer professionellen Gestalterin von Kleidung und zu einer kongenialen Interpretin von Figuren. Als Kostümdesignerin für die gemeinsamen Filme der 1970er Jahre war sie mit dem künstlerischen Prozess von der Skizze bis zur Ausführung und Aufführung betraut.
Nachdem mit dem Film „Bildnis einer Trinkerin“ von 1979 die Zusammenarbeit mit Ottinger vorerst beendet war, fand Blumenschein im Kreis der Westberliner Punkmusik- und Avantgardeszene ein neues Aktionsfeld. 1980 erschien in der kurzlebigen deutschen Ausgabe von Andy Warhols Zeitschrift „Interview“ eine ungewöhnliche Modeseite mit vier Zeichnungen Blumenscheins zum Motto: »Mode ist Weltgeschichte ohne Politik«. Dieser Satz ist programmatisch: Mode kann sich als künstlerische Ausdrucksform alle Kulturen der Welt aneignen und für eigene Kreationen nutzbar machen, umdeuten oder neu interpretieren. Alles Hässliche kann schön sein, alles Fremde kann vertraut und alles Gute kann auch böse sein. Das wurde zum Leitmotiv für Blumenscheins feministische Selbstermächtigung.
Die Künstlerin zählte neben Blixa Bargeld, Frieder Butzmann, Dagmar Dimitroff, Wolfgang Müller, Nikolaus Utermöhlen und anderen zu den „Genialen Dilletanten“, deren Manifest 1982 im legendären Merve Verlag auch mit ihren Zeichnungen publiziert wurde.
In der von Müller und Utermöhlen 1980 gegründeten Gruppe „Die Tödliche Doris“ wirkte Blumenschein als Kostümdesignerin und Darstellerin mit. 1984 trat sie mit der Gruppe in New York auf. Sie selbst drehte im Format Super 8 eigene Filme. Das ZDF zeigte im Mai 1985 ihren zwei Jahre zuvor produzierten 69-minütigen Film „Zagarbata“, der mit einem abgefilmten Live-Auftritt der „Böhsen Onkelz“, die damals als Nazi-Skinhead-Band galten, begann und in dem auch Claudia Skoda, Marc Brandenburg, Wolfgang Müller mitspielten. Blumenscheins Obsession mit dem Deutschsein schlug sich vor allem in der ersten Hälfte der 1990er Jahre nieder und wurde seither in wechselnden Variationen zum festen Bestandteil ihrer Bildwelt, immer begleitet von konträren Motivfeldern: Frauen, Matrosen, Bartfrauen und Indigene verschiedenster Kulturen, etwa aus Mexiko, Hawaii, der Südsee oder Afrika.